Nur wer seine Text um-schreibt, schreibt gut

Im Internet kann man mitunter mittels einer simplen Google-Suche auf Juwelen stossen. Ein Findling ist der Text der mir bislang unbekannten US-Autorin Beth Shope.


Im Bereich Creative Writing lohnt der Blick über den transatlantischen Gartenzaun. Creative Writing wird in den USA länger praktiziert als bei uns. Und, wie so oft, die Amis sind unkomplizierter als die Europäer. Selber Literatur zu produzieren, das Heft in die Hand zu nehmen - vielen Europäern erscheint solches Ansinnen anmassend. Nicht so den Amis.

 

Ich möchte Ihnen Shopes Text "True Writing is Rewriting" näher vorstellen. Das Interesse am Thema steht im Zusammenhang mit meiner neuen Linie von Kursen im Kreativen Schreiben. Mitte Januar 2018 fällt der Startschuss für den "Aufbaukurs: Kreatives Schreiben III, Kompetenz im Überarbeiten erzählender Texte".

 

Nur Objektivität bringt Qualität
Shope zeigt auf, warum Überarbeiten notwendig ist, und wie literarisch Schreibende die nötige kritische Urteilsfähigkeit entwickeln können, um ihr Werk zum Glänzen zu bringen.
Sie nennt drei Geheimnisse des erfolgreichen Überarbeitens:
- Erstens: Es braucht mehr als einen ersten Entwurf. Mehrere Fassungen eines Textes sind zwingend, um aus dem skizzierten Potential eine vollständige Story oder einen ausgegorenen Roman zu formen.
- Zweitens: Um das Entstehende ohne Vorurteile anschauen zu können, müssen wir an unserer Lesetechnik feilen. Wir müssen virtuell jedes Wort, jeden Satz, jeden Abschnitt umarrangieren, um in einem experimentellen Prozess unterschiedliche Wirkungen zu erproben. Wir sollten uns einer Textkritik-Gruppe anschliessen, um aufrichtigen und zugleich unterstützenden Austausch und breite Anregungen zu erhalten, welche unser Urteilsvermögen stärken.
- Drittens: Texte umzuschreiben braucht Zeit. Und jede und jeder Autor/in hat eine eigene Weise, zwischen den Phasen des intuitiven Niederschreibens und des analytischen Überarbeitens zu wechseln. Viele stellen zuerst einen ersten Entwurf fertig und schreiben dann Überarbeitungen. Manche hingegen revidieren ihre Texte kontinuierlich.
Shope hält fest: Wer seine Texte nicht überarbeiten und um-schreiben möchte, ignoriert eine entscheidende Entwicklungschance, um ein besserer Autor zu werden. Nur wer um-schreibt, entfaltet wesentliche Story-Ressourcen wie ausgearbeitete Charaktere, einen gut aufgebauten Handlungsplan und einen geschmeidigen Prosastil.
Denn um Qualität zu bekommen, braucht es Objektivität. Und diese bringt nur das Überarbeiten.