Freude ist ein Gefühl des Sich-Öffnens - und zwar eines Sich-Öffnens mit Lust und Bereitschaft, ganz frei von Zwang und Müssen.
Freudlosigkeit und Überdruss hingegen sind begleitet von Gedanken wie "Nicht schon wieder! Wie satt ich es doch habe!" Zum Davonlaufen scheint uns die Situation dann - und da kann ein klitzekleiner Gedanke oder ein Hormönchen, das ins Blut schiesst, als Auslöser bereits reichen. Die Sache scheint gelaufen, ehe sie überhaupt begonnen hat.
Christa geht es mit ihrer Kurzgeschichte so. Sie steckt gerade in einem Formtief.
Freude stärkt den Kreativen Prozess. Ohne Freude wären wir nicht schöpferisch. Schöpferisch zu sein würde ohne sie absolut keinen Sinn machen.
Erschaffen ohne Freude ist ein Ding der Unmöglichkeit.
Christa weiss das genau - aber wo ist bloss ihre Freude geblieben?
Lassen Sie uns uns zusammen mit Christa auf die Suche nach der Freude machen. Mein "Autor-Buch" hat im Kapitel 2 viel zu diesem Thema zu
sagen (Seiten 50-86).
Wir brauchen Neues. Wir brauchen Innovation.
Warum sollte es für Christa Sinn machen, Ihre short story fertig zu schreiben oder sogar etwas Grösseres daraus zu machen, wenn sie damit die Welt nicht ein bisschen verändern könnte?
Wenn unsere Bemühungen, unsere Interventionen, zu Innovation führen, wenn sie also übers Erforschen und Ausprobieren, übers Explorieren hinausgehen, dann macht das Freude. Denn wir merken: Es passt, wir sind auf einem guten Weg.
So erinnert sich Christa, wie ihre Konzentration beim Schreiben stärker wurde, was sich in erhöhter Körperspannung zeigte. Ihr passiert es in inspirierten Momenten immer wieder, dass sie reflexartig herumzugehen beginnt. Irgendwas stimmt, fällt auf fruchtbaren Boden, irgendwas gibt da Antwort. Das ist aufregend!
Christa liebt die Inspirationstechnik des Clustering (siehe ab Seite 74 in meinem "Autor-Buch"). Clustering ruft bei ihr genau diesen erregten Inspirationszustand hervor, wo sie merkt: Es gibt etwas abzuholen.
Aus der Inspirationsphase zu Christas Kurzgeschichte entstand, via eine provisorische Gliederung, die erste Textskizze.
Was uns vorantreibt, motiviert, beflügelt, ist stets das Gefühl, etwas Neues in die Welt setzen zu können.
Wenn Christa schreibt, möchte sie ganz eingenommen und besessen werden von diesem Neuen.
Dann fühlt sie sich stark und bereit zum Leisten und Kämpfen. Von Glaube befeuert und von einer kräftigen Woge getragen.
Die Sache muss sich gut anfühlen und gut sein. Niemand setzt sich doch allen Ernstes freudig für eine Sache ein, die sie oder er schlecht findet, meint Christa.
Die Leserin, der Leser merkt: Das ist ja schon verdammt subjektiv!! Ob etwas Lust oder Unlust auslöst - woran liegt es denn?
Mir fällt der Begriff des Framings ein. Ein buddhistischer Lehrer sagte einmal zu mir: "Nenne das nicht 'Ich habe ein Problem', nenne es 'Das ist ein Übungsfeld für mich, eine Herausforderung, ein Experimentierfeld'." Wie recht der Meister doch hatte! Der Rahmen (frame) machte den Unterschied aus, dass ich nicht mehr verzweifelt, sondern fast schon entzückt reagierte! Das 'Übungsfeld' wertete mich auf, gab mir eine Chance! Das 'Problem' machte mich niedergeschlagen.
Begriffe machen Bedeutungen.
Und nun zu Christa. Was sage ich also zu ihr, die Zweifel und Unlust verspürt und nicht weiss, wo sie ihre Freude wiederfindet?
"Christa, nenne es nicht 'frustrierend', nenne es 'herausfordernd'. Nenne es "eine Herausforderung für meine Kreativität und Lösungsfähigkeit".
Christa beginnt zu lächeln. "Ich habe eine Idee", sprudelt es aus ihr heraus. "Ich schreibe einfach eine Fortsetzung meiner Kurzgeschichte."
Was ist passiert? Christa hat sich plötzlich erlaubt, mit ihrem freien, smarten Anteil in Kontakt zu gehen. Plötzlich wird aus etwas Negativem etwas
Positives. Und Christas Freude ist zurück. Sie macht sich ans Schreiben.
Dass Christa zu obigem Trick greift, ist alles andere als dumm. Denn laut den Phasen des Kreativen Prozesses kommt nach der Inspiration die Inkubation. Die Inkubationsphase ist - wir kennen das von den viralen Infekten - die Ansteckungszeit.
Wann treten die ersten Symptome von etwas Grösserem bei Christa auf? Wann gehen die Vorzeichen in etwas Eingemachteres über und bugsieren ihren kreativen Organismus in einen anderen Zustand? Sie träumt nämlich insgeheim von einem Roman!!
Inkubation. Wir können sogar noch weiter gehen und von Empfängnis sprechen. Was empfängt Christa? Hat sie schon empfangen oder ist sie erst inspiriert?
Bemerkt sie Anzeichen bei sich? Hat's schon eingeschlagen oder "wuselt's" in ihr erst diffus?
Was erschafft sich? Wächst schon etwas? Geht Christa gar mit etwas schwanger?
Nach Inspiration und Inkubation kommen zwei weitere Phasen: die Illumination und die Verifikation.
Illumination ist der Heureka!-Moment. Es war Archimedes von Syrakus, der "Ich hab's gefunden!" (Heureka!) rufend aus dem Bad rannte, weil er das sogenannte Archimedische Prinzip entdeckt hatte. Die Freude erreicht beim Heureka-Moment ihren Höhepunkt.
Ihre Erleuchtung könnte Christa kommen, wenn sie erkennt: "Hey, meine Kurzgeschichte muss genau diese oder jene Form haben. So muss sie sein!"
Die Verifikation ist sodann von Nüchternheit geprägt. Von Ankommen nach dem Abenteuer, das man in der bildlichen Unterwelt ausgefochten hat. Christa kommt als Heldin zurück und kann von ihrer Heldenreise berichten. Die Dorfjugend sammelt sich um sie, umringt sie, sie erzählt und vergewissert sich dessen, dass ihr Mitbringsel von Wert ist für die Gemeinschaft. Christa ist zur Herrscherin zweier Welten geworden.
Sie hat sich in der Kreativwelt durchgeschlagen und kann ihren Film nun Szene für Szene vor ihren Freundinnen und Freunden aufführen.
Oder eben ihre Kurzgeschichte, ihren Roman Satz für Satz niederschreiben. Weil sie genau weiss, wie diese zur Welt kommen müssen.
Und übrigens: Was Christa ganz und nicht mag, ist, wenn sie ins negative Muster hineinkippt. In ihr persönliches, überaus nervendes Muster. Ich rate ihr, sobald sie bemerkt, dass es passiert ist, Vergebung und Akzeptanz zu üben:
"Ich, Christa, vergebe mir, dass ich schon wieder verbissen und mit Scheuklappen zu Werke gegangen bin, dass ich mir wenig zugetraut habe. Ich akzeptiere, dass ich wieder einmal in dies hineingefallen bin. Ich habe Verständnis. Vielmehr: Ich habe mich sogar genau darum lieb."
10 Tipps von Christa, zur Förderung Ihrer Schreibfreude!
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Toben Sie sich in der Inspirationsphase, beim Schreiben des ersten Entwurfs, nach Lust und Laune aus. Oft bleiben meine Erstfassungen von späteren Versionen
unerreicht. Das heisst, sie erweisen sich als visionär und geben Orientierung.
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Beim letzten Schliff, dem Abschluss, ist es entscheidend, dass Sie der Sache Zeit geben, bis sie reif ist. Aber es braucht auch den klaren Entscheid, die Sache
zu Ende zu bringen. Nur so kommen Sie in die nötige Entschlossenheit.
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Bauen Sie Pausen zwischen den Schreibphasen ein.
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Machen Sie zwischendurch Körperübungen.
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Geben Sie Ihren Emotionen manchmal Raum, verleihen Sie ihnen Ausdruck. Schreiben Sie drei Minuten nur Gefühle auf.
- Wenn Sie zu Beginn schläfrig sind, geben Sie nicht sofort auf. Es kann sich lohnen, dranzubleiben. Wenn Sie einmal aufgewacht und im Jetzt sind, können Sie "es" packen. Und sind plötzlich nicht mehr müde.
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Gehen Sie zügig voran und switchen Sie zwischen Aktivitäten. Nicht zu lange beim Gleichen hängen bleiben!
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Geben Sie sich Auslauf. Das meine ich ganz physisch. Spaziergänge können richtige Freudequellen sein. Gehen Sie raus und öffnen Sie
die Augen. Nehmen Sie den Reichtum der Welt wahr. Staunen Sie: "Meine Kopf- und Konzeptwelt ist ja so unendlich klein, verglichen mit der Grösse des Kosmos!"
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Wie damit umgehen, wenn Sie inneren Widerstand (Abwehr, Aversion) wahrnehmen? Vergebung und Verständnis helfen. Sie haben gute Gründe, im Widerstand zu sein -
rechnen Sie damit, dass ihr System auf die Barrikaden geht. Geben Sie sich die Zeit, um langsam umzulernen. So erreichen Sie Ihre Ziele trotzdem.
- Es geht nicht um Logik, sondern um Freude. Das ist nicht dasselbe!